Vorsicht, Gefahr!

 Ich möchte die guatemaltekischen LeserInnen nicht beleidigen, aber ihr seid diejenigen, die mich am meisten vor euren eigenen Leuten warnen! 

 

So wurde ich gewarnt davor,

 

·        mit dem Bus nach Xela zu fahren. Nicht wegen der halsbrecherischen Fahrt, die durchaus eine Warnung verdient hätte, sondern wegen der Räuber, die bei der Ausstiegsstelle auf einen warten würden (habe keine gesehen)

 

·        mit dem Tuktuktaxi in Momostenango zu fahren, weil man da normalerweise in dunkle Gegenden gefahren würde und dann, wenn man Glück hat, nur ausgeraubt wird.

 

·        von der Schule aus die 4 km den Berg hinunter nach Hause zu laufen, weil dort böse Leute unterwegs seien, die mir gefährlich werden könnten.

 

·        abends in Momostenango unterwegs zu sein – nicht einmal die 100 m zu dem Hotel Otono (meinem Internetstützpunkt)

 

Dem entgegen stehen meine bisherigen Erfahrungen mit den Menschen hier, die mir durchgehend sehr freundlich und aufgeschlossen begegnen und durchaus vertrauenswürdig erscheinen.

 

Die Menschen hier haben wirklich Angst vor Über- und Unfällen. Ich habe mir heute die Heimfahrt mit der Lektüre der hiesigen Zeitung versüßt und der Inhalt bestand v.a. aus Polizeiberichten: Mord, Totschlag, Überfälle, Unfälle. Und dann noch ein paar andächtige Gedanken zum Thema „Jesus ist die Liebe“ und das war`s. Keinerlei politische Nachrichten, nicht national und erst recht nicht international. Was mir noch zu denken gab war, dass in Xela alle kleinen „tiendas“ (Läden) mit Gittern abgeriegelt sind, so dass der Kunde durch Stäbe bedient wird. Bei der Turiinfo wurde mir auch geraten, mich bereits am frühen Nachmittag auf den Heimweg zu machen – Xela sei nur am Vormittag sicher. Au, Mann. Das gefällt mir nicht so richtig.

 

4.3. 2018  Über die Ästhetik

Ui, klingt ja hochtrabend! Dies soll keine Abhandlung à la Schiller werden, aber dieses Land inspiriert mich schon zu einigen Betrachtungen! Außerdem ist es Sonntagvormittag, aus dem Nachbarzimmer tönen Jorges Erbauungsklänge und mir ist eben gerade philosophisch zumute. Also:

Hygiene und Ästhetik sind nicht das Gleiche, haben aber Berührungspunkte.

Logischerweise muss Hygiene hier ein Problem sein – bei dem Wassermangel. Die sanitären Anlagen in den Familien kenne ich nicht – und möchte sie auch lieber nicht kennen lernen. Die in der Schule sind problematisch genug, werden aber von Oscar, dem Hausmeister (und Sportlehrer) gut gepflegt.

Die Kinder sind teilweise sehr schmutzig. Kein Wunder, es gibt derer sehr viele und für viele Familien ist es bei der Anstrengung, den Alltag zu bewältigen, kaum möglich, sich noch um das Äußere ihrer Kinder zu kümmern. Arbeiten, die wir nebenher verrichten oder durch Geräte verrichten lassen, kosten hier sehr viel Mühe und sind mit schwerer körperlicher Arbeit verbunden: Wasser holen, Wäsche (oft im Fluss) waschen...Da bleibt weder Zeit noch Kraft, sich um die Optik der Kleinen zu kümmern. Dazu kommt, dass die Kinder sehr viel Schmutz ausgesetzt sind – sie spielen auf den sehr staubigen Straßen, spielen mit der Erde. Die Haut vieler Kinder ist sehr, sehr trocken.

Mit der Pubertät allerdings ändert sich das Bewusstsein für das äußere Erscheinungsbild der Heranwachsenden. Sie sind durchwegs sehr gepflegt – in hübschen traditionellen Kleidern bzw in Hemd und Hose. Immer sauber und intakt (die Kleidung, meine ich) und wohlriechend. Wenn man bedenkt, dass auch diese Kleider zumeist im Fluss gewaschen werden!

Leider passen viele Menschen hier überhaupt nicht auf ihre Umwelt auf. Müll fliegt überall herum. Ganz schrecklich!!! Die Leitungen sind „dekoriert“ von Plastiktüten, die der Wind einst dorthin geweht hat und die nun dort in Fetzen im Winde wehen. Kein schöner Anblick. Und der Müll in der Landschaft - v.a. Einmalgeschirr, wieder die blöden Plastiktüten aber auch Berge von Hausmüll und Schrott sind auch keine schöner Anblick. Ach ja, und die Plastikflaschen! Das ist halt überhaupt ein Problem in Ländern, in denen man sich das Trinkwasser extra kaufen muss. Wohin mit all den Plastikflaschen? Ab auf die Wiese damit! Es wird durchaus versucht, dem wilden Müllabladen entgegen zu wirken mit Hinweisschildern und Androhen von Strafen. Aber nutzen scheint dies wenig. Wenn`s halt erst einmal dreckig ist, ist`s ja auch schon egal… Der Schmutz und der Abfall begegnen mir auch im häuslichen Bereich. Auf dem Dach des Hauses, das ich mir zu meiner privaten Terrasse auserkoren habe, liegt allermöglicher Müll: alte Schuhe, ein verrosteter Herd, Bauschutt.

Ästhetisch wenig ansprechend sind auch die vielen Bauruinen hier. (Kennt man ja auch leider von Griechenland) Die sind aber auch der schwierigen wirtschaftlichen Situation vieler Bauherren geschuldet, denen mitten im Bau das Geld ausgeht. Außerdem sind an den obersten Stockwerken vorsorglicherweise Metallstäbe angebracht, die im Falle eines Weiterbaus gleich als Verbindungsstäbe dienen sollen. Allerdings wird in den wenigsten Fällen tatsächlich weitergebaut. Die oft schon sehr verrosteten „Antennen“ sehen auch nicht gut aus. Immerhin können sie als Pfosten für Wäscheleinen dienen.

Die Menschen können für ihre Armut nichts. Sie sind dem korrupten Regierungssystem ausgeliefert. Aber auch mit wenigen Mitteln kann man auf seine Umwelt achten. In und außerhalb des Hauses.  Wie es in den Häusern aussieht, kann ich nicht beurteilen. Juans Haus wirkt gepflegt und gut organisiert. Und das Zimmer, das sie mir zur Verfügung stellen, ist auch in Ordnung. Auf meinen Wunsch hin wurde sogar sofort eine Hakenleiste angebracht.

Im Gegensatz (oder vielleicht als Ergänzung) zu dem gerade Geschriebenen muss ich allerdings hinzu fügen: Am Morgen ist die Stadt immer sauber – unabhängig davon, wie verschmutzt sie am Abend zuvor war. Auch die Hinterlassenschaften der Hunde werden entfernt. Bei der Menge der Straßenköter kommt da schon einiges zusammen!

Dennoch – die Müllberge in der Landschaft wachsen weiter. So leid es mir tut, in einem Land, das so lieblos behandelt wird, fühle ich mich nicht wohl.

Religiosität

Die Menschen hier sind größtenteils der Religion sehr zugewandt. Am ehesten begegnet mir hier der katholische Glaube wobei ich weiß, dass evangelikale Gruppierungen hier auch enormen Einfluss haben. Auf dem Heimweg komme ich auch immer an einem Saal der Zeugen Jehovas vorbei. Aber auch an Maya-Opferstellen. Keine Sorge, Menschen werden nicht mehr geopfert, eher Maiskolben, um eine gute Ernte zu erbitten. Recht martialisch kommen mir die Prozessionen vor, die jetzt, kurz vor Ostern, gehäuft abgehalten werden. Eine Gruppe Gläubiger trägt einen Altar, begleitet von Musikern, die ähnlich unserer "Marching Bands" ihre Stücke darbieten. Vom Klang her eigentlich ähnlich unserer Volksmusik (s. auch mein Beitrag zur Schuleinweihung), nur sehr, sehr laut verstärkt und irgendwie unheimlich und geradezu bedrohlich mit den unglaublich lauten Paukenschlägen. Die Gemeinde folgt in einem langen Zug, trägt Kerzen, macht immer wieder Halt und betet gemeinsam an einzelnen Stationen. Immer wieder begegnet man auch einer Mischung zwischen christlicher und Mayatradition (s. Ausflug nach Chichicastenango)