actividades

 

Damit werden Spezialaktivitäten der Schule bezeichnet. Z.B. der Internationale Tag der Gesundheit. Oder des Wassers. Oder der Kinderrechte. All diese sind INTERNATIONALE Gedenktage. Nur, dass wir in Deutschland kaum etwas davon mitbekommen. Jedenfalls nicht in den Schulen und schon erst recht nicht in den Grundschulen. In Chokruz werden diese Tage aufwändig vorbereitet und gefeiert. Dazu kommen noch die Tage der Werte: Verantwortung, Toleranz, Respekt… Und last but not least gesellen sich dann noch dazu die Tage des nationalen Bewusstseins, z.B. der Tag der nationalen Symbole: der Ceiba (Nationalbaum), der Marimba (Nationalinstrument), des Quetzals (Nationalvogel)….

 

Dies sind ganz schön viele actividades! So ca alle 14 Tage eine. Immer montags.

 

Und das geht so: Wir treffen uns in der schuleigenen Wellblechhalle, die euphemistisch „Salon“ genannt wird. Die Klassen stellen sich reihenweise auf. Sitzmöglichkeiten gibt es nicht. Dann marschieren (mit Hilfe von kindlichen Trägern) unter sehr laut dröhnender Marschmusik die Fahnen ein- die guatemaltekische und auch die deutsche. Und dann, unter ebenso dröhnender (oft schmerzhaft übersteuerten) Begleitung, wird die guatemaltekische Nationalhymne gesungen. Vier lange Strophen und vier „coros“, die jeweils auch einen unterschiedlichen Text haben. Also eigentlich sind es acht Strophen. Ich habe versucht, den Text zu übersetzen, aber bei jedem 2. Wort können mir weder mein Offlineübersetzer noch mein 2. Offlineübersetzer (=mein gutes, altes Wörterbuch) weiterhelfen. Der Text ist halt, wie es sich für eine Hymne gehört, gespickt mit altertümlichen, poetisch-geschwollenen Formulierungen, die keiner im Alltag verwendet, am allerwenigsten unsere Kinder in Chokruz. Trotzdem – sie singen - und die älteren auch alle Strophen. Dabei nehmen alle Haltung ein: rechte Hand auf`s Herz, linke hinter den Rücken. (Ich mache auch brav mit) Die Einhaltung dieser Nationalpflicht erscheint wesentlich, allerdings scheint es kaum zu stören, dass die Musik kracht, dröhnt und gerne auch mal mitten drin abbricht. Mir vergeht dabei die Andacht. Aber vielleicht bin einfach ein bisschen zu verpimpelt. (Das war mir übrigens auch bei den Prozessionen aufgefallen: Die Musik war unendlich laut und unendlich schräg und wurde auch noch durch die unzureichende Technik nicht gerade genusssteigernd verstärkt. Aber da sind die Leute hier offenbar abgehärtet.)

 

Also: Die Nationalhymne wird gesungen – bei der ersten Veranstaltung wuchs bei mir dabei noch die Sorge, dass ich am Ende die deutsche ganz alleine singen müsste. Wie ging noch der Text? Ich hatte noch einige Strophen Zeit, darüber nachzudenken. Bei uns wird die Hymne ja höchstens mal vor einem Spiel der Fußballnationalmannschaft gesungen. Und das war schon wieder vier Jahre her! Ich habe ja noch den Vorteil, dass ich den Text schon mehrfach in der Klasse durchgenommen habe. Also – lief! Ich hatte mich schon auf mein Solo eingestellt, da wurden die Fahnen einfach wieder weggetragen und zwar wiederum unter Marschmusik und Körperhaltung.

 

Ich möchte hier gegenüber unseren guatemaltekischen Freunden nicht despektierlich rüberkommen. Ich lasse mich gerne mittragen von der feierlichen Stimmung - wenn die Technik dies erlaubt. Die Pflege eines Nationalgefühls kann die Menschen einen, das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb dieser Gruppe stärken. Bei uns Deutschen (jedenfalls bei vielen und ich gehöre dazu) wecken der Ausdruck und die Symbole von Nationalität jedenfalls sehr ungute Assoziationen. Nicht so hier. Nach dem Gesang folgt der Nationalschwur, dessen Inhalt sich mir bisher nur bruchstückhaft erschlossen hat. Dieser wird von einem Schüler abschnittsweise auswendig vorgesprochen und dann von der ganzen Schulgruppe im Chor nachgesprochen. Die Hand wird dabei zum Schwur gehoben. Mit dieser patriotischen Einheit beginnt eine jede actividad, auch wenn das Thema dann ganz anderer At ist (s.o.) Jeder Lehrer ist im Schuljahr mindestens einmal „dran“. D.h. er hält einen kleinen Vortrag zum Thema. Die Kinder werden durch Fragen oder kleine Gewinnspiele mit einbezogen. Meistens stehen sie aber einfach nur (erstaunlich brav) da und rufen je nach Gelegenheit im Chor. „Sí!“ oder „No!“ Dennoch finde ich es beachtlich, was diese Lehrer hier alles zustande bringen. Wie sie ihre Aktivitäten vorbereiten und mit Anschauungsmaterialien ausschmücken.

 

Ach, ganz was Nettes noch: Seit ein paar Wochen läuft immer in der Vormittagspause das Fußballturnier zwischen den einzelnen Klassen. Nächste Woche sind die Lehrer dran. Mir graut schon gewaltig. Ich bin ja sonst nur beobachtende Fußballspielerin und auch das nur alle vier Jahre. Und ich weiß nur: Das Runde muss ins Eckige! Und ich muss kräftig brüllen, wenn`s im richtigen Eckigen gelandet ist. Und ansonsten gibt`s dabei Bier und Chips. Das ist MEIN Fuballspiel! Ich habe mich schon als Trillerpfeifenpfeierin angeboten, aber das wurde abgelehnt. Nun gut, die sollen ja auch ihren Spaß haben! Jedenfalls habe ich beim Anfeuern der Kinder schon meinen fachspezifischen Wortschatz ergänzt: Ayí! Ayí !Ayí! Adelante! Corre!  Los! Geh vor! Renne! Und „Tor!“ heißt „Gol!“ Damit bin ich doch schon ganz gut vorbereitet für die WM – die in hiesiger Zeit leider vormittags stattfindet. Zu dumm! Aber Danilo hat schon in Planung, dass wir alle das Spiel „Mexico-Deutschland“ am 17.6. (ein denkwürdiges Datum!) angucken. Da wird dann wieder eine besondere actividad, bei der ich dann wohl auch leise unsere Nationalhymne mitsummen werde. Guatemala darf ja leider nicht mitspielen. Wegen Korruption.

Mittwoch, 30.5. „Día des desafíos“                                         (Tag der Herausforderungen)

Alle Schulen in ganz Guatemala MÜSSEN in diese Woche einen „Día des desafíos“ durchführen. Gemeint ist damit eine Art Sportfest, in denen die Kinder 1 Stunde lang das Äußerste an körperlicher Anstrengung zeigen sollen. Diese actividad wie auch alle anderen werden staatlich vorgegeben. Die Durchführung dieser Vorgabe wird durch einzelne, Kontrollen überprüft. Außerdem muss jede Schule einen Bericht an die entsprechende Behörde schicken. Erfolgt dies nicht, drohen Restriktionen bzw. hohe Geldstrafen. Klingt nach wenig Spaß.  Unsere Schule ließ sich den Spaß allerdings nicht nehmen, im Gegenteil: Es war Riesenspaß! Unser Hausmeister/Sportlehrer Oscar hatte etliche Spielstationen vorbereitet. Die Stationen erforderten nicht nur körperlichen Einsatz sondern auch Geschicklichkeit, Teamgeist und die Bereitschaft, nass und schmutzig zu werden. (Schüssel mit Wasser über Kopf weiterreichen, durch einen Schlammparcours kriechen. ALLE machten mit, auch Lehrer, auch Schulleiter Juan! ALLE krochen durch den Schlamm! (s. Foto!) Alle? Nein, ich nicht, gestehe ich. Mir wurde, da supererkältet und leicht fiebrig ein bequemer Punktezähljob im Sitzen zugewiesen. War mir ganz recht. Die Kinder und KollegInnen waren auch so nett, mich nach der Aktion nicht zu umarmen. Wieder einmal war ich sehr beeindruckt davon, mit wieviel Einsatz und „Leidensfähigkeit“ sich die Kinder auf alle Herausforderungen einließen. Es war eine reine Freude, dem Treiben zuzusehen! Dem Spaß am Spaß! Keiner jammerte und maulte, weil er/sie nass und dreckig wurde. Dabei schlotterten einige vor Kälte! Zwischendurch zog es nämlich zu und war gar nicht mehr so warm. Am Schluss packten alle selbstverständlich mit an und im nu war alles wieder aufgeräumt. Toll.